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Georeferenzieren von Raster-Daten
Raster-Daten (Fotos, PDFs, Scans etc.), welche keinen Raumbezug besitzen (oder bei einem Speichervorgang verloren haben), können nicht lagebezogen dargestellt werden. Um die Lagebeziehung bzw. den Raumbezug (wieder) herzustellen, muss dieses Raster georeferenziert werden.
Der Begriff Georeferenzieren macht deutlich, wie dabei vorgegangen wird: Man wählt einen Ort aus seinem Raster dessen räumliche Lage bekannt ist und setzt ihn mit dem entsprechenden geographischen Referenzort in Beziehung (als Koordinatenpaar oder Auswahl auf einer raumbezogenen Karte). Je nach Transformationstyp benötigt es zwischen 2 und 10 Referenzorten (Passpunkten) an unterschiedlichen Stellen (möglichst weit auseinander und nicht in einer Linie) damit erfolgreich georeferenziert werden kann. Mit zunehmender Anzahl an Passpunkten, steigt die Lagegenauigkeit des Georeferenzierten Produkts.

Die GDAL-Georeferenzierung
Wir finden das Georeferenzierungs-Werkzeug im Raster-Menü (ab QGIS 3.20): Layer → Georeferenzierung…
Es öffnet sich ein neues Fenster. Wenn zwei Bildschirme verfügbar sind, wird einem die Arbeit deutlich leichter fallen, in dem man QGIS auf dem einen und das Georeferenzierungsfenster (im Folgenden „GRF“ genannt) auf dem anderen Bildschirm platziert.
In QGIS 3.18 und kleiner muss das Georeferenzierungswerkzeug erst aktiviert werden:
Es handelt sich um eine Kern-Erweiterung namens „GDAL-Georeferenzierung“, welche bei jeder QGIS-Installation dabei, jedoch noch nicht aktiviert ist. Um die GDAL-Georeferenzierung verwenden zu können, muss diese im Erweiterungs-Manager gesucht und aktiviert werden. Danach finden wir das Werkzeug im Raster-Menü
.
Vorgehensweise in QGIS
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- Transformations- und Speichereinstellungen treffen: Klick auf
Zahnradsymbol
oderEinstellungen → Transformationseinstellungen…
- Transformationstyp: Dieser ist entscheidend für das Endergebnis und Abhängig von Qualität und Zustand des zu referenzierenden Rasters (siehe Tabelle)
- Abtastmethode: Das Raster wird durch die Referenzierung mögl. Weise gekippt, skaliert oder verzerrt. Die Abtastmethode erzeugt „Zwischenpixel“ wodurch das Ergebnis „weicher“ wirkt.
- Ziel-KBS: Das KBS, welches das neu referenzierte Raster erhalten soll. Muss mit dem KBS des Projekts bzw. der Referenzkarte, aus welcher später die Koordinaten abgegriffen werden sollen, übereinstimmen!
- Ausgaberaster: Pfad und Dateiname der Ausgabe.
- Kompression: Das Resultat kann auf Kosten der Darstellungsqualität komprimiert abgespeichert werden, wodurch es weniger Speicherplatz bedarf.
- Passpunkte speichern: Die Liste der verwendeten Passpunkte wird gespeichert.
- Transparenz: Kann verwendet werden, wenn Pixelwerte von O nicht schwarz/weiß sondern transparent dargestellt werden sollen.
- Zielauflösung: Kann gesetzt werden, wenn die angezielte Auflösung nicht dem Orginal entsprechen soll.
- Berichte: Wenn nötig, kann der gesamte Arbeitsprozess protokolliert und als PDF-Bericht abgespeichert werden.
- Passpunkte setzen: Mit dem Werkzeug
Punkt hinzufügen
oderBearbeiten → Passpunkt hinzufügen
setzen wir zuerst an einem Punkt des Rasters, welches wir mit Koordinaten versehen wollen einen Punkt (Linksklick). - Koordinaten setzen: Die Koordinaten des Punktes können per Hand eingegeben (wenn diese z.B. von einem GPS oder aus Notizen bekannt sind) oder aus der Referenzkarte im QGIS-Hauptfenster abgegriffen werden.
- Weitere Punkte setzen: Je nach Transformationstyp und und Geduld, setzen Sie nun so viele Punkte wie Sie wollen oder können. Es gilt aber nicht unbedingt, je mehr, desto besser! Ungenau platzierte Passpunkte können die Genauigkeit der anderen stark beeinflussen.
- Überprüfen Sie in der Passpunktliste die Pixelabweichungen und die Liniensignaturen an den Referenzpunkten in der Karte. (lange „Schwänzchen“ = große Abweichung)
- Referenzierung durchführen: mit dem Klick auf das „Play-Symbol“ oder
Datei → Georeferenzierung starten
beginnt QGIS bzw. GDAL mit der Berechnung. Das Ergebnis finden Sie dann im QGIS Hauptfenster.
Sind bereits genug Punkte gesetzt, kann QGIS die Lage weiterer Punkte „live“ vor berechnen und automatisch an die zu erwartenden Stelle zoomen. Dazu müssen die Funktionen Ansicht → Georeferenzierung mit QGIS verbinden bzw. QGIS mit Georeferenzierung verbinden
aktiviert werden.
Transformationstypen
Georeferenzierungsmethoden in QGIS
Die korrekte Georeferenzierung ist die Grundlage für die Integration von Rasterdaten (z.B. gescannte historische Karten, Luftbilder ohne Raumbezug) in ein Geoinformationssystem. QGIS bietet verschiedene Transformationsalgorithmen, um ein Bild in ein Ziel-Koordinatensystem zu überführen. Die Auswahl des passenden Algorithmus ist entscheidend für die Genauigkeit des Ergebnisses.
Die Transformation basiert auf der Verknüpfung von bekannten Punkten im Bild (Pixelkoordinaten) mit ihren tatsächlichen Weltkoordinaten (Ziel-Koordinatenbezugssystem). Diese Punkte werden als Ground Control Points (GCPs) oder Passpunkte bezeichnet.
Übersicht der Transformationstypen
Die folgende Tabelle beschreibt die in QGIS verfügbaren Transformationstypen, die benötigte Mindestanzahl an GCPs und ihre typischen Anwendungsfälle inklusive der von Ihnen genannten Beispiele.
Transformationstyp | Min. GCPs | Beschreibung & Anwendungsfall |
---|---|---|
Linear | 2 | Dies ist der einfachste Algorithmus. Er berechnet eine Welt-Datei und führt keine Verbiegung oder Verzerrung des Rasters durch. Er kann das Bild lediglich verschieben, skalieren und drehen. Anwendung: Ideal für bereits georektifizierte Bilder oder Karten, die nur eine korrekte Platzierung im Koordinatensystem benötigen. |
Helmert | 2 | Ähnlich wie die lineare Transformation, führt auch die Helmert-Transformation eine Skalierung, Rotation und Verschiebung durch. Sie verwendet jedoch eine Ausgleichungsrechnung (Least Squares), um eine bessere Anpassung zu erzielen. |
Polynom 1 (Affin) | 3 | Dies ist eine der gebräuchlichsten Methoden. Eine affine Transformation kann das Bild verschieben, skalieren, drehen und scheren. Parallele Linien bleiben parallel. Anwendung: Sehr gut geeignet für die meisten gescannten Karten, bei denen die Verzerrung über das gesamte Blatt relativ gleichmäßig ist. \\—- Beispiel: Bebauungspläne ohne Georeferenz: Diese Pläne sind maßstabsgetreu gezeichnet und weisen kaum interne Verzerrungen auf. Eine affine Transformation ist ideal, um sie korrekt im Raum zu platzieren, zu skalieren und auszurichten. |
Polynom 2 | 6 | Eine Polynom-Transformation 2. Ordnung kann komplexere, nicht-lineare Verzerrungen korrigieren. Sie erzeugt eine Kurvenanpassung an die GCPs. Anwendung: Nützlich für leicht verzerrte Luftbilder oder gescannte Karten mit merklichen, aber gleichmäßigen Verzeichnungen (z.B. durch den Scanvorgang oder Papierverzug). |
Polynom 3 | 10 | Eine Polynom-Transformation 3. Ordnung kann noch stärkere, komplexe Verzerrungen ausgleichen. Anwendung: Nur bei sehr starken und komplexen, aber dennoch systematischen Verzerrungen sinnvoll. Vorsicht: Benötigt viele gut verteilte GCPs, da sonst starke und unerwünschte Artefakte entstehen können. |
Thin Plate Spline (TPS) | 3+ | TPS ist ein fortgeschrittener „Gummiband“-Algorithmus (Rubber Sheeting). Er ist sehr flexibel und kann starke, lokale Verzerrungen präzise korrigieren. Die Transformation „zwingt“ das Bild, exakt durch die GCPs zu verlaufen. Anwendung: Die beste Wahl für die Rektifizierung von stark und unregelmäßig verzerrten Daten. \\—- Beispiele: * Historische Karten: Papierverzug, alte Vermessungsmethoden und nicht-standardisierte Projektionen führen zu unregelmäßigen Verzerrungen, die TPS sehr gut ausgleichen kann. * Archäologische Handzeichnungen & Kartenskizzen: Diese sind nicht maßstabsgetreu und haben starke lokale Formfehler. TPS kann diese Skizzen flexibel an die Realität anpassen. * Kinderzeichnung einer Karte: Ein Extrembeispiel für nicht-metrische, stark verzerrte Daten, bei dem nur TPS ein (lokal) passables Ergebnis erzielen kann. |
Projektiv (Homographie) | 4 | Diese Methode korrigiert perspektivische Verzerrungen. Sie ist in der Lage, ein Bild so zu entzerren, als würde man senkrecht darauf blicken. Anwendung: Der Standardfall für die Entzerrung von Schrägaufnahmen. \\—- Beispiele: * Drohnenbilder: Einzelne, nicht-orthorektifizierte Drohnenaufnahmen, besonders aus schrägem Winkel, weisen eine perspektivische Verzerrung auf, die diese Methode korrigiert. * Abfotografierte Karten: Wird eine Karte nicht exakt senkrecht von oben fotografiert, entsteht eine Perspektive. Die projektive Transformation kann dies korrigieren. * Aufklärungsfotos (z.B. aus den Weltkriegen): Dies sind klassische Schrägluftbilder mit starker perspektivischer Verzerrung, für deren Entzerrung diese Methode entwickelt wurde. |
Wichtige Hinweise
- Qualität und Verteilung der GCPs: Wichtiger als die Wahl des Algorithmus ist oft die Qualität und Verteilung der Passpunkte. Die Punkte sollten so genau wie möglich und gleichmäßig über das gesamte Bild verteilt sein. Vermeiden Sie es, alle Punkte in einem kleinen Bereich zu konzentrieren.
- Restabweichung (RMSE): Nach der Berechnung der Transformation zeigt QGIS in der GCP-Tabelle die Restabweichungen (Root Mean Square Error - RMSE) für jeden Punkt an. Große Abweichungen deuten auf ungenau gesetzte Punkte hin, die überprüft oder entfernt werden sollten, um die Gesamtgenauigkeit zu verbessern.
- Ziel-KBS: Stellen Sie sicher, dass Sie das korrekte Ziel-Koordinatenbezugssystem (KBS) für Ihre Weltkoordinaten auswählen.
- Beginnen Sie einfach: Oft ist es ratsam, mit einer einfachen Methode wie Polynom 1 zu beginnen. Nur wenn das Ergebnis unbefriedigend ist und deutliche, nicht-lineare Verzerrungen vorliegen, sollte zu komplexeren Methoden wie TPS oder Polynom 2/3 gegriffen werden.
Fragen, Hinweise und Fehler kommen hier hin: