Datenaustausch zwischen CAD (DWG/DXF) und QGIS

Der Austausch von CAD-Daten in den Formaten DWG und DXF mit QGIS ist grundsätzlich möglich. QGIS kann Daten aus diesen Formaten importieren und QGIS-Projektlayer als DXF exportieren. Dieser Prozess ist jedoch aufgrund der fundamental unterschiedlichen Konzepte und dem häufig proprietärem Charakter von CAD- und GIS-Systemen oft komplex und die Ergebnisse können vom Original abweichen.

Wichtige Unterschiede und Herausforderungen

  • Datenmodell: CAD fokussiert auf präzise Zeichnungen mit exakten Dimensionen, während GIS auf georeferenzierte Daten, räumliche Beziehungen (Topologie) und Attribute für Analysen ausgelegt ist.
  • Koordinatensysteme: CAD-Dateien (insbesondere DXF) enthalten oft keine oder nur implizite Informationen über das verwendete Koordinatenbezugssystem (KBS). Dies ist eine Hauptquelle für Probleme beim Import in QGIS, das ein klar definiertes KBS benötigt. Einheiten (z.B. Meter vs. Millimeter) müssen ebenfalls korrekt interpretiert werden.
  • Geometrien:
    • Text/Beschriftungen: Werden in QGIS oft als separate Punkt-Features importiert und müssen ggf. manuell den zugehörigen Objekten zugeordnet werden. Formatierungen gehen meist verloren.
    • Blöcke/Symbole: Die Handhabung von CAD-Blöcken (Referenzen) unterscheidet sich stark. Blöcke müssen evtl. vor dem Export aus dem CAD aufgelöst („exploded“) werden oder spezielle Importoptionen in QGIS/GDAL (z.B. `DXF_INLINE_BLOCKS`) erfordern eine Anpassung.
    • Linien/Polygone: Geschlossene Polylinien in CAD werden nicht immer automatisch als Polygone in GIS erkannt (manchmal muss ein spezielles Flag gesetzt sein oder Linien müssen explizit zu Polygonen konvertiert werden). Bögen und Kurven können zu segmentierten Linien vereinfacht werden.
    • Schraffuren/Texturen: Die Übertragung komplexer Signaturen ist schwierig und führt oft zu Darstellungsverlusten.
    • 3D-Objekte: Komplexe 3D-Elemente (z.B. `3DSOLID`, `REGION` in DWG/DXF) werden von GDAL oft nicht unterstützt und beim Import übersprungen.
  • Layerstruktur: Eine saubere, logische Layerstruktur im CAD ist entscheidend für einen sinnvollen Import in QGIS. QGIS versucht, Elemente nach Geometrietyp (Punkt, Linie, Polygon) und ggf. Layernamen zu trennen.
  • Attribute: Einfache Attribute können oft übernommen werden, aber erweiterte Attributdaten (z.B. Blockattribute) gehen beim Standard-DXF-Export/-Import häufig verloren.

Zusammenfassende Tabelle: CAD vs. GIS

Merkmal CAD (Fokus DWG/DXF) GIS (Fokus QGIS)
Primäres Ziel Präzise technische Zeichnung, Konstruktion, Dimensionierung Räumliche Analyse, Verwaltung georeferenzierter Daten, Kartenerstellung
Datenmodell Objektbasiert; Layer dienen primär der Organisation und Sichtbarkeit Feature-basiert (Punkte, Linien, Polygone); Topologie (räumliche Beziehungen) oft relevant
Koordinatensystem (KBS) Oft lokal, implizit oder nicht definiert; Einheiten können variieren (mm, m, Zoll) Explizit definiertes, reales KBS ist fundamental; Georeferenzierung ist zentral
Geometrie Hohe Präzision bei Längen/Winkeln; komplexe Entitäten (Blöcke, 3D-Solids, Splines, Bögen) Standardisierte Geometrietypen; Kurven oft segmentiert; Fokus auf räumlicher Korrektheit und Beziehung
Attribute/Sachdaten Eher rudimentär oder über Texte/Blöcke angebunden; Fokus liegt auf der Geometrie Integral verknüpft mit Features in Attributtabellen; umfangreiche Abfragen und Analysen möglich
Text & Beschriftung Integriert in die Zeichnung, oft mit komplexer Formatierung Als separate Layer oder dynamisch generierte Labels basierend auf Attributen; Formatierung oft einfacher
Symbole & Darstellung Komplexe Linientypen, Schraffuren, Blöcke als Symbole Layer-basierte Symbolisierung, Standard-Signaturen, weniger komplexe proprietäre Symbole
Typische Formate DWG (proprietär), DXF (Austausch) GeoPackage (Standard), Shapefile (verbreitet), PostGIS, GeoJSON, etc.
Austauschfähigkeit (mit dem anderen System) Export als DXF gut möglich; Import von GIS-Daten oft über DXF/spezielle Tools Import von DXF gut unterstützt; Import von DWG oft problematisch (Versionen, Konverter nötig); Export als DXF möglich
Beispielsoftware AutoCAD, BricsCAD, DraftSight QGIS, ArcGIS, GRASS GIS

Formatkompatibilität (DWG/DXF und QGIS/GDAL)

QGIS nutzt die GDAL/OGR-Bibliothek für den Zugriff auf Vektorformate.

  • DXF (Drawing Exchange Format):
    • Lesen: GDAL unterstützt das Lesen von DXF-Dateien, die mit allen neueren AutoCAD-Versionen erstellt wurden. ASCII-DXF wird generell besser unterstützt als binäres DXF.
    • Schreiben: QGIS/GDAL exportiert DXF-Dateien, die mit AutoCAD 2004 und neuer kompatibel sind.
    • Bekannte Probleme: Fehlende KBS-Info, Umgang mit Blöcken, Texten und komplexen Linientypen/Schraffuren. Kodierungsprobleme können auftreten (GDAL versucht Auto-Erkennung, ggf. manuelle Angabe via `DXF_ENCODING` nötig).
  • DWG (AutoCAD Drawing):
    • Lesen: DWG ist ein proprietäres Binärformat, dessen Unterstützung in Nicht-Autodesk-Produkten eingeschränkt und oft fehleranfällig ist.
      • QGIS/GDAL nutzt standardmäßig die Libopencad-Bibliothek, die nur ältere DWG-Versionen (oft bis ca. DWG R2000 / ACAD1015) zuverlässig lesen kann.
      • Für neuere DWG-Versionen ist oft die ODA File Converter (früher Teigha) Bibliothek notwendig. Diese ist proprietär und muss ggf. separat installiert und von QGIS/GDAL unterstützt werden (nicht immer standardmäßig enthalten).
      • Workaround (im CAD): DWG-Dateien sollten vor dem Import in QGIS im CAD-System selbst in ein älteres DWG-Format (z.B. 2004, 2007, 2013) oder besser noch in das DXF-Format konvertiert werden.
    • Schreiben: QGIS/GDAL unterstützt kein direktes Schreiben von DWG-Dateien. Der Export erfolgt stattdessen als DXF.

Empfehlungen und Best Practices

Vorbereitung im CAD (entscheidend für reibungslosen Import!)

Eine sorgfältige Vorbereitung der Daten direkt im CAD-System ist der wichtigste Schritt, um Probleme beim späteren Import in QGIS zu vermeiden. Folgende Punkte sollten beachtet werden:

  • Daten bereinigen (Aufräumen):
    • Entfernen Sie alle Elemente, Layer oder externe Referenzen (XRefs), die für die GIS-Nutzung nicht benötigt werden. Eine „saubere“ Zeichnung reduziert die Dateigröße und vermeidet unnötige Komplexität beim Import.
    • Überprüfen und korrigieren Sie ggf. Zeichnungsfehler (z.B. doppelte Linien, nicht geschlossene Polygone).
  • Layerstruktur optimieren:
    • Verwenden Sie eine klare und logische Layerstruktur. Sinnvolle Layernamen (z.B. „Gebaeude“, „Strassen“, „Grenzen“) werden oft in QGIS übernommen und erleichtern dort die Organisation und Symbolisierung der Daten erheblich.
    • Platzieren Sie Objekte auf den korrekten Layern.
  • Koordinatensystem und Einheiten festlegen:
    • Weisen Sie der Zeichnung, wenn möglich, ein bekanntes, reales Koordinatenbezugssystem (KBS) zu (z.B. ETRS89 / UTM Zone 32N - EPSG:25832).
    • Stellen Sie sicher, dass die Zeichnungseinheiten korrekt definiert sind (z.B. Meter).
    • Dokumentieren Sie das verwendete KBS und die Einheiten, falls diese Informationen nicht direkt in der Datei gespeichert werden können. Diese Information ist für die korrekte Georeferenzierung in QGIS unerlässlich.
    • Arbeiten Sie ausschließlich im Modellbereich (Model Space). Elemente im Papierbereich (Paper Space) werden in der Regel nicht korrekt importiert.
  • Komplexe Elemente vereinfachen:
    • Lösen Sie komplexe oder verschachtelte Blöcke auf (Befehl „Ursprung“ oder „Explode“), wenn deren interne Struktur oder Attribute in QGIS nicht benötigt werden oder Probleme verursachen könnten. Einfache Blöcke können manchmal direkt importiert werden, das Auflösen erhöht jedoch die Kompatibilität.
    • Vermeiden Sie nach Möglichkeit sehr komplexe Linientypen oder Schraffuren, da deren Darstellung in QGIS oft verloren geht oder stark abweicht.

Format und Version beim Speichern wählen (Kritisch für Kompatibilität):

Die Wahl des richtigen Speicherformats und der passenden Version im CAD-System ist entscheidend, um Importprobleme in QGIS zu minimieren.

  • Bevorzugtes Format: ASCII DXF (ältere Version)
    • Warum DXF? DXF (Drawing Exchange Format) ist ein offeneres Austauschformat als das proprietäre DWG und wird daher von GDAL/QGIS generell besser und zuverlässiger unterstützt.
    • Warum ASCII? Speichern Sie als ASCII DXF (Textformat). Dieses Format ist robuster gegenüber Fehlern und wird von GDAL zuverlässiger interpretiert als binäres DXF.
    • Warum ältere Version? Wählen Sie eine ältere, etablierte DXF-Version (z.B. AutoCAD 2004 DXF, 2007 DXF, 2010 DXF, 2013 DXF). Neuere DXF-Versionen können Elemente oder Datenstrukturen enthalten, die von GDAL (insbesondere der standardmäßig integrierten Version) noch nicht vollständig unterstützt werden. Dies kann zu Fehlern, Datenverlust oder unerwartetem Verhalten beim Import führen. Das Speichern in einem älteren, weit verbreiteten Format maximiert die Kompatibilität.
  • Alternative: DWG (nur ältere Version)
    • Sollte die Verwendung von DWG unumgänglich sein (z.B. aufgrund von Vorgaben), wählen Sie unbedingt eine ältere DWG-Version (z.B. AutoCAD 2004 DWG, 2007 DWG, 2010 DWG, 2013 DWG) zum Speichern.
    • Warum ältere Version? Die Leseunterstützung für neuere, proprietäre DWG-Versionen durch die standardmäßig in QGIS/GDAL integrierte Libopencad-Bibliothek ist oft lückenhaft oder fehleranfällig. Das Speichern in einem älteren DWG-Format, das von Libopencad sicher unterstützt wird, erhöht die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Imports erheblich.

Import in QGIS

  • Import-Werkzeug (empfohlen): Das Werkzeug unter Projekt → Import/Export → Layer aus DWG/DXF importieren… sollte bevorzugt genutzt werden. Dies erlaubt oft eine bessere Kontrolle über die zu importierenden Layer sowie deren Darstellung (Signaturen), die Gruppierung von Geometrien und die direkte Zuweisung eines KBS beim Import (besonders wenn die CAD-Datei georeferenziert ist und das KBS bekannt ist).
  • Datenquellenverwaltung/Browser: Alternativ kann die DWG/DXF-Datei in das QGIS-Layerfenster gezogen oder über den Datenquellenmanager hinzugefügt werden. QGIS fragt dann ab, welche Layer/Geometrietypen importiert werden sollen.
  • KBS Zuweisung: Wird die Datei nicht automatisch korrekt verortet (weil keine KBS-Info vorhanden oder erkannt wurde), ist das korrekte KBS über Layer-Eigenschaften → Quelle → Zugewiesenes KBS manuell zuzuweisen. Dies setzt voraus, dass das ursprüngliche KBS und die Einheiten bekannt sind.
  • Georeferenzierung: Sind keine oder nur lokale Koordinaten vorhanden, muss der Georeferenzierer von QGIS (Layer → Georeferenzierer) genutzt werden, um die Daten anhand bekannter Passpunkte manuell im Ziel-KBS zu verorten.

Nachbearbeitung in QGIS

  • Die importierten Geometrien und Attribute sollten sorgfältig überprüft werden (Stichproben!).
  • Die Symbolisierung und Beschriftung ist entsprechend den GIS-Anforderungen anzupassen.
  • Geometrische Korrekturen (z.B. Schließen von Polygonen, Korrektur von Überschneidungen) oder der Aufbau von Topologien können notwendig sein.
  • Importierte Text-Punkte müssen ggf. über räumliche Verschneidungen als Attribute mit den zugehörigen Features verknüpft werden.

Weiterführende Informationen

Zusammenfassung

Der Datenaustausch zwischen CAD-Systemen (DWG/DXF) und QGIS ist möglich, aber aufgrund grundlegender Unterschiede (Datenmodell, Koordinatensysteme, Geometriebehandlung) oft komplex. Herausforderungen sind fehlende Koordinatenbezugssysteme (KBS), unterschiedliche Handhabung von Texten, Blöcken, Polygonen und Attributen. QGIS nutzt die GDAL/OGR-Bibliothek, die DXF (besonders ältere ASCII-Versionen) besser unterstützt als das proprietäre DWG (ältere Versionen sind kompatibler). Eine sorgfältige Vorbereitung im CAD ist entscheidend: Daten bereinigen, Layer strukturieren, KBS/Einheiten festlegen, komplexe Elemente vereinfachen und als ältere ASCII DXF-Version (bevorzugt) oder ältere DWG-Version speichern. Der Import in QGIS erfolgt idealerweise über das Import-Werkzeug, gefolgt von KBS-Zuweisung oder Georeferenzierung und oft notwendiger Nachbearbeitung.


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Jan, 2025/06/19 09:18

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